Von Veronika Rabe-Sievers
Bericht über meinen Einsatz im „Nest“ ( Limuru und Runda) vom 20.03.2012 – 23.03.2012
Seit meiner Rückkehr wird mir wieder einmal sehr deutlich in welch friedlichen und komfortablen Umfeld unsere Kinder und Enkelkinder leben dürfen.
Ich war am Dienstag, 23.03. und Mittwoch 24.03 in Limuru / Donnerstag, 25.03. und Freitag, 26.03. in Runda als Physiotherapeutin tätig. Ziel meiner Arbeit war die Ausbildung der Betreuer und die Behandlung der Kinder, die mir von den Kinderärzten als besonders auffallend beschrieben wurden.
Limuru
Von Anfang an hatten die Mitarbeiter und ich eine intensive und konzentrierte Arbeitsatmosphäre; die Mitarbeiter suchten die Kinder aus, zu denen sie Fragen hatten.
Die Kinder sind im Alter von 4-12 Jahren.
Für mich kam es nicht unerwartet, dass ich in den meisten Fällen mit traumatisierten Kindern zu tun hatte, die in Folge körperliche Symptome zeigten. Die Herausforderung bestand darin, zu erkennen:
Welche Unterstützung braucht das Kind jetzt am Dringendsten.
Repräsentativ möchte ich zwei Beispiele vorstellen:
Lea, 6 Jahre alt, wurde mit 3 Jahren vom Vater und Onkel derart vergewaltigt, dass ihre Vagina operativ wieder hergestellt werden musste. Das Mädchen hat Angst vor jeglicher Berührung und ist sehr misstrauisch allem Neuen gegenüber. Es war für mich berührend zu erleben, wie Mama Ti mit Herzenswärme und Liebe behutsam eine Körpermassage, die ich ihr schon vorher beigebracht habe, bei Lea machte.
Wir konnten erleben, wie sich Lea zusehends mehr und mehr entspannte.
Peter, 5 Jahre alt, ist ein keiner schmächtiger Junge. Seine Mutter ist im Gefängnis. Er wird von den anderen Kindern gehänselt, geschlagen und unterdrückt. Er weiß sich nicht zu wehren.
Ich hatte Schwierigkeiten mit ihm Augenkontakt zu halten, oder auch nur eine Kraftübung mit ihm zu machen; er schaute immer wieder ängstlich zu Boden.
Ich bot Roberts an, mit ihm zu trommeln. Zunächst waren seine Schläge sehr zart; Roberts lockte ihn mit Worten und mit seinem Schlagrhythmus. Am Ende war es eine wunderbare Kommunikation von Auge zu Auge und Hand zu Hand. Erst dann konnte auch ich mit ihm Kräftigungsübungen praktizieren.
Nach meinem Trainingsplan werden sich die Mitarbeiter jeden Tag für eine kurze Zeit (15 Min.) an einen ruhigen, geschützten Ort zurückziehen, um mit den Kindern die „Übungen“, die wir gemeinsam erarbeitet haben, zu praktizieren.
Runda
Auch in Runda habe ich verantwortungsvoll und engagierte Mitarbeiter erlebt.
- Wir haben theoretisch die Entwicklungsphasen eines gesunden Säuglings im ersten Lebensjahr erarbeitet. Eine anschauliche Tafel mit Bildern, sie hängt jetzt im Aufenthaltsraum, half zum Verständnis.
- Wir haben die Kinder eins nach dem anderen gemeinsam angeschaut. Jedes Kind ist einer Mutter zugeordnet worden. Sie ist bis zu meinem nächsten Aufenthalt dafür verantwortlich, dass das Kind einen Entwicklungsschritt macht.
- Damit die Mitarbeiter an sich selbst erleben, wie wohltuend und entspannend eine Massage ist und wie anstrengend Kräftigungsübungen sind, haben wir miteinander geübt. Hierdurch erhoffe ich mir, dass die Achtsamkeit für die Bedürfnisse der kleinen Kinder gesteigert wird.
Das Ausmaß der Traumatisierung und das große Leid dieser Kinder hat in mir eine große Wirkung erzeugt. Ich habe eine Hochachtung für die Arbeit von Irene Baumgarten und ihren Mitarbeitern. Die Unterstützung dieses Engagements ist mir ein Herzensanliegen.
Besonders hat mich meine Verabschiedung von den Mitarbeitern bewegt. Die Fröhlichkeit durch Tanz und Gesänge und die lieben Worte klingen in mir nach.
Ich freue mich auf meinen nächsten Einsatz.
Veronika Rabe-Sievers