Meinen ersten Projekteinsatz unternahm ich vom 4. bis 7. Mai diesen Jahres. Dabei fuhr ich als Gynäkologin zusammen mit der Pädiaterin Eleonore Riess ins SOS Kinderdorf Buru Buru im Randbezirk Nairobis. Hier arbeiteten wir für 2,5 Tage in einer angeschlossenen Klinik und versorgten ambulante Patientinnen. Zur Hilfe standen uns jeweils eine Krankenschwester, die für uns aus dem Kisuaheli übersetzte und zugleich in menschlicher Beziehung eine Brücke zwischen den Afrikanerinnen und einer deutschen und damit zunächst fremden Ärztin baute. Die Patientinnen kamen zum Teil aus den umliegenden Wohngebieten des Vorortes, zum Teil aus dem nahegelegenen Slum. Eine Zuordnung der jeweiligen Herkunft war auf den ersten Blick möglich, da die Slumbewohner den Eindruck extremster Armut vermittelten. Das Ausmaß der Unterernährung und damit einhergehender Begleiterscheinungen bewegen mich noch immer sehr. Die gynäkologschen Diagnosen und Beschwerdebilder erstreckten sich in erster Linie auf unklare Unterbauchbeschwerden, dem Wunsch nach einem „Check up“, Kontrazeptionswunsch, Vulvo-Vaginitis und in Einzelfällen Malignome (Zervix-Ca). Erschreckend hoch war für mich die Häufigkeit HIV-positiver Patientinnen, was allerdings in diesem Zusammenhang sicherlich auch darauf zurückzuführen ist, daß in derselben Klinik eine HIV-Ambulanz stattfindet, die von vielen meiner Patientinnen regelmäßig aufgesucht wird. Es fiel mir auf, daß die Diagnose HIV nicht im Annähernsten einen solchen persönlich belastenden Stellenwert besitzt wie dies bei uns der Fall ist. Auch wurde der Vorschlag, doch einen Test im Labor nebenan durchführen zu lassen, fast durchweg gern angenommen. Meine Erwartung, schwere Adnexitiden, Gonorrhoe u.a. STDs vorzufinden, wurde nicht erfüllt.
Als etwas schwierig schien sich unseres Eindrucks nach die Rekrutierung von Patientinnen zu gestalten. Insgesamt wäre es sicherlich noch wünschenswert, wenn die Information über die Ankunft deutscher Fachärzte im entsprechenden Zeitraum noch weiter verbreitet würde. Aber auch hier mahlen afrikanische Mühlen sicher anders und benötigen kontinuierlichen Ansporn durch uns.
Insgesamt war diese Reise eine außerordentliche Bereicherung für mich, sowohl in beruflicher als auch persönlicher Hinsicht. Da ich schon vor vielen Jahren immer meinen für die GTZ tätigen Onkel in den unterschiedlichsten Entwicklungsländern aufsuchte, bietet sich hier für mich die Möglichkeit, lange bestehende Interessen in die Tat umzusetzen. Der direkte Kontakt zu den Patienten und deren Lebenssituation formt den Blick für Entwicklungsprojekte, deren Zielsetzung und Erfolgsdeterminanten. Darüberhinaus ergeben sich natürlich völlig neue Blickwinkel auf eigene Lebenszusammenhänge. Durch die umschriebene Größe dieses Projektes gewinnt man außerdem einen Einblick in die unermüdliche Detailarbeit, die notwendig ist von der theoretischen Planung über die praktische Umsetzung bis hin zum Gelingen eines solchen Hilfsprojektes. Hierfür ist der Einsatz von Sven Sievers mit seiner gelassenen, aber doch bestimmten und zielorientierten Art vorbildlich und aufs Äußerste beeindruckend.
Dr. Gesine Mistry
Mai 2009