Liebe Patinnen, liebe Paten,
nach Ostern waren wir in Nairobi und wir würden Sie heute sehr gerne drei Tage „mit auf die Reise nehmen“ und Ihnen einen Einblick in unsere Arbeit geben.
Sie werden sich vielleicht fragen: „Warum gibt es keine regelmäßigeren Updates als maximal zweimal im Jahr? Und warum nicht mehr Persönliches von unseren Patenkindern?“
Tatsache ist, dass Ihre Patenkinder in der Regel entweder bei Mutter, Vater, Großeltern oder anderen Verwandten, und meist nicht mal in der Nähe des Kinderheims Mothers Mercy Home (MMH) leben und sie nur dann ins MMH kommen, wenn das neue Schuljahr in Sicht ist, wenn sie Probleme haben, krank sind oder ähnliches. Dann kommen viele in unser Büro im MMH, um Schulmaterial, manchmal auch Nahrungsmittel oder Kleidung abzuholen, die zuvor von unseren Sozialarbeiterinnen besorgt wurden. Die meisten Kinder und Jugendlichen kommen also innerhalb von zwei Wochen mit ihren Angehörigen vorbei – eine große logistische Herausforderung!
Aktuell betreuen wir 65 Kinder im Alter von 3 Monaten bis 23 Jahren. Einige davon besuchen Internate und sind deshalb nicht immer verfügbar/erreichbar.
Die Planung unserer Besuche erfolgt immer bereits viele Wochen im Voraus, gemeinsam mit unserer Sozialarbeiterin Esther. Sie schlägt uns in der Regel vor, welche Kinder und Jugendliche am dringendsten besucht werden müssen und welche verfügbar sind. Da Esther am 22.05.23 ihr zweites Kind bekommen hat, wird in den nächsten Monaten die Sozialarbeiterin Alice ihre Arbeit übernehmen. Sie hat sich in den vergangenen Wochen hervorragend eingearbeitet und ist inzwischen eine sehr kompetente Ansprechpartnerin für uns.
Praktisch war dieses Mal auch, dass mein Mann, Dr. Andreas Hinkel, Kinder- und Jugendarzt, zeitgleich seinen Einsatz im Medical Center geleistet hat und ich ihn so auf kurzem Weg um Rat oder Untersuchung unserer Kids bitten konnte!
Wir lassen sie nun mal virtuell mit uns in Nairobi mitfahren:
Unser Tag startet am 10.04.23 um 8 Uhr im MMH, welches für unseren Aufenthalt als „Basislager“ dient. Nach der Begrüßung aller bekannten Mitarbeiter*innen und der Abstimmung in Esthers Büro, geht es dann, gegen 09:15 Uhr, auch schon los. Unser Fahrer Martin fährt uns sicher und zügig über die „Pisten“-Straßen“ Nairobis. Im Kofferraum haben wir sehr viel Schokolade, einige Spielsachen und Bekleidung und manchmal auch Lebensmittel deponiert, um sie im Bedarfsfall zu verteilen. Damit unser Besuch bei den Schulen / Eltern / Bezugspersonen angemeldet wird, müssen Esther und Alice versuchen, auch noch während der Fahrten, diese telefonisch zu erreichen, was nicht immer sehr einfach ist. Bei den Angehörigen ist nicht immer ein Mobiltelefon vorhanden, sodass der Kontakt eher umständlich über Verwandte oder auch Nachbarn aufgenommen werden muss. Die Schulen und Internate Ihrer Patenkinder befinden sich in einem Umkreis von bis zu 25 Kilometern, wobei wir, aufgrund des Verkehrs, auch schon für fünf Kilometer bis zu 60 Minuten gebraucht haben!
Wenn wir die Schulen besuchen, ist die vorherige Abstimmung mit der Schulleitung erforderlich, sonst bekommen wir keinen Zutritt auf das Schulgelände. Security First! Während der gesamten Fahrten telefonieren Esther und Alice nahezu 80 % der Fahrt. Sie klären Anfragen von Jugendlichen und Bezugspersonen mit den unterschiedlichsten Problemen! Manchmal sogar mit Boniface, dem Leiter unseres Medical Centers oder auch mit Ärzten aus Krankenhäusern!
Gleich der erste Besuch führt uns, zwei Autominuten vom MMH entfernt, zu Calvin Inyende Makhungu. Er ist elf Jahre alt und besucht eine Förderschule. Zusammen mit seiner Schwester, Charity Orendo Makhungu, leben sie mit der Mutter in einer sehr ärmlichen Hütte. Charity ist 14 und besucht die 7. Klasse. Auch diese Familie wird über die Familienhilfe mit Lebensmitteln versorgt.
Nach einer 30minütigen Autofahrt, über Stock und Stein, erreichen wir gegen 10 Uhr Teresia Wambui. Sie ist zehn Jahre alt und besucht die 6. Klasse. Sie ist ein schüchternes, aber pfiffiges Mädchen, die Klassenbeste ist und Ärztin werden möchte! Sie lebt, gemeinsam mit ihrer Schwester, Mercy Wambuy, 17 Jahre alt, bei ihrer Tante, da die Eltern verstorben sind. Geplant ist, dass Mercy zum Ende des Jahres die Schule beenden wird und in die John Kaheni Residence (JKR) übergehen wird, um eine Berufsausbildung zu starten.
Gegen 11:00 Uhr sind wir dann bei Johnson Nganga Kabuu, 13 Jahre alt (Klasse 8), der mit seinem elfjährigen Bruder George Ireki Kabuu (6. Klasse), bei der Großmutter lebt, da auch hier die Eltern leider verstorben sind!
Johnson hat den Traum Soldat zu werden, allerdings müsste er in der Schule noch etwas „Gas“ geben! George hingegen, ein schlauer „Fuchs“, der gut in Mathe ist, weiß allerdings noch nicht genau, was er werden möchte. Diese Familie hat das Glück, einen Garten zu besitzen, in dem sie Obst und Gemüse anbauen können und somit etwas bessergestellt sind, als viele andere Familien!
12:10 Uhr: Wir haben Boniface Juma Simiyu (auf dem Foto links), 15 Jahre alt (8. Klasse) und Samuel Wanyonyi, 13 Jahre alt (5. Klasse) besucht. Sie leben in sehr ärmlichen Verhältnissen in einer winzigen Hütte, gemeinsam mit ihrer Mutter, Margret und Joseph (17 Jahre), dem ans Bett gefesselten, spastisch und geistig behinderten Bruder. Kaum Geld für Miete, geschweige denn für Lebensmittel ist hier vorhanden. Inflationsbedingt sind die Lebenshaltungskosten in Kenia so explodiert, dass auch diese Mutter mit ihren Gelegenheitsjobs, kaum über die Runden kommt.
Margret gestand unseren Sozialarbeiterinnen, dass das Geld, was sie als Tagelöhnerin verdient, kaum für das Essen reiche. Es war ihr sichtlich peinlich, das zuzugeben. Daher haben wir in der gleichen Woche die Jungs in das Mittagessen-Programm der Schule aufnehmen lassen und sie auch in unser Lebensmittelprogramm aufgenommen.
Besuch bei James (22 Jahre), Paul (19 Jahre), Peris (15 Jahre), Margret Nganga Kimani, gegen 13:30 Uhr.
Die drei älteren Geschwister haben wir jetzt in dem Community College „Word of Faith“ https://www.wofcollege.ac.ke angemeldet, weil sie aufgrund der zu hohen Anforderungen der Secondary School, leider den Anschluss verloren haben. Wir hoffen, ihnen somit doch noch eine Möglichkeit bieten zu können, eine Ausbildung zu machen. Die aktuelle Rückmeldung der Schule lässt Hoffnung schöpfen! Alle drei, inklusive ihrer Mutter, haben wir eine Verpflichtungserklärung unterschreiben lassen, um ihnen zu verdeutlichen, dass sie ihre Ausbildung beenden müssen und sie bei Abbruch in „Regress“ gezogen werden und sie nicht weiter von uns unterstützt werden. Uns ist der verantwortungsvolle Umgang mit Ihren Spendengeldern wichtig! Einzig Margret (11 Jahre), die Jüngste, kommt recht gut mit in der Schule und besucht die 6. Klasse.
14:00 Uhr Besuch bei Brian Njoroge, 10 Jahre, Klasse 7, und Trevor Mugo, 7 Jahre, Klasse 2, leben mit ihrer Mutter in einem Zimmer von ca. neun Quadratmetern. Der kleine Joseph (Mitte), ist zwar nicht in unserem Programm, allerdings hatten wir im Oktober 2022 seine Krankenhauskosten übernommen. Er war beim Spielen vom Balkon des ersten Stocks gefallen, wo die Mutter als Haushaltshilfe gearbeitet hat. Er hatte sich den Schädel und beide Arme gebrochen und hatte riesiges Glück, dass er jetzt wieder wohlauf ist! Auch diese Mutter schlägt sich mit Gelegen–heitsjobs über die Runden und auch hier reicht das Geld kaum für Essen und Miete. Diese Familie wird für einige Monate mit Lebensmitteln unterstützt.
Auf dem Weg zur Hütte wurden wir von einem alkoholisierten Mann bedrängt, der Geld von uns haben wollte. Als wir ihm keins geben wollten, wurde er sehr wütend und wir mussten uns in der Hütte der oben genannten Familie vor ihm in Sicherheit bringen. Er beschimpfte Esther und Alice die ganze Zeit, sodass wir alle Angst hatten, er würde beide angreifen, sobald wir wieder auf der Straße sein würden. Mit etwas Glück schafften wir es dann unbeschadet wieder zum Auto zurück.
15:30 Uhr: wir treffen „Little Thomas“, 3 Jahre alt (neues Patenkind) und seine Großmutter Nancy, im „Basislager” MMH. Seine Mutter starb leider bei seiner Geburt; seither leben er und sein älterer Bruder, Ryan, bei deren Großmutter und Tante.
Tag 2, 11.04.23, Vormittag: Bürotag
Die nächsten Besuche abstimmen, neue Fälle besprechen, über Kosten sprechen, Namenslisten vergleichen (manche Namen sind ein Mysterium, so ähnlich und doch verschieden) …
Wichtig sind darüber hinaus unsere Teams-Calls, die alle 2 Wochen stattfinden, um auf dem Laufenden zu bleiben und aktuelle Probleme und Fragen zu klären!
Um 12:45 Uhr treffen wir in der Kingsmead Academy ein, wo wir Ryan (Bruder von Little Thomas) in seiner Schule besuchen und haben dabei auch seine Klasse kennengelernt! Ryan Adam Kimani (10 Jahre) ist ein guter Schüler und die Schule bereitet ihm viele Freude! Er geht in die 5. Klasse und mag besonders Naturwissenschaften.
13:40 Uhr: Fahrt zu einer Frau Namens Ruth, um sie in eine Mutter-Kind-Einrichtung zu bringen.
Ihr Baby namens Samuel ist das erste Baby, das im Medical Center zur Welt kam: https://cargohumancare.de/riesiges-glueck-fuer-mutter-und-kind
Seine Mutter lebt mit dem Neugeborenen unter sehr ärmlichen Zuständen in einer winzigen Hütte. Sie und das Baby schlafen auf einer Matratze auf dem Fußboden und haben kaum Lebensmittel. Sie hat noch drei weitere Kinder, die allerdings bei den Großeltern leben, da sie leider nicht für sie sorgen kann. Damit Ruth und das Baby besser versorgt werden können und sie auch eine Ausbildung machen kann, haben wir sie in das „Halfway House“, das unter der Leitung von Frau Irene Baumgartner, einer Deutschen, die seit 30 Jahren in Nairobi lebt, vermittelt. Wir hoffen, Ruth ergreift die Chance und beendet den angebotenen Friseur-Kurs!
(Foto; links, Baby Samuel, rechts, Alice und Esther, unsere beiden Sozialarbeiterinnen, mit einer Mitarbeiterin des NEST und Ruth; siehe Link)
Nähere Infos zum NEST und dem Halfway House, hier: https://www.thenesthome.org/de/das-halfwayhaus/#seite
Tag 3, Mittwoch, 12.04.23
10:30 Uhr, Ankunft in der Blindenschule.
1,5 Stunden haben wir für die Fahrt vom MMH zur hierher gebraucht. Wir treffen dort Vincent, 15 Jahre alt, einen fröhlichen Jungen, der seit 2020 die Real Hope Academy, in Thika besucht und ganz schnell die Blindensprache „Braille“ gelernt hat! Die Rektorin der Schule war sehr begeistert von seiner Intelligenz! Bevor er auf das Internat kam, lebten er und sein Bruder bei seinem Onkel. Sein Vater ist verstorben und seine Mutter ist einfach weggelaufen. Das passiert leider nicht selten!
Was uns an dieser Schule sehr fasziniert hat, ist, dass alle blinden Kinder und Jugendliche in der Lage waren, sich ohne einen Blindenstock zu orientieren! In der ersten Schulwoche werden alle Wege des Schulgeländes erkundet und somit Sicherheit hergestellt. Alle Schülerinnen und Schüler, auf die wir treffen, machten einen sehr fröhlichen Eindruck.
Lydia, ein blindes Mädchen, wurde uns von der Rektorin vorgestellt, dessen Mutter kaum in der Lage ist, das Schul- bzw. Windelgeld zu bezahlen. Sie leidet an einer Schädigung des Rückenmarks, das unter anderem Einfluss auf die Blasenfunktion hat! Lydia ist sehr pfiffig und spricht recht gut Englisch. Derzeit akzeptiert die Schule noch sporadische Zahlungen der Mutter, aber lange kann sich die Blindenschule das auch nicht mehr leisten. Unterstützung wäre auch hier sehr wünschenswert!
12:45 Uhr, Fahrt zurück nach Nairobi, mit Besuch in der JKR. Dort treffen wir alle drei Sozialarbeiter*innen Millicent, Godfrey und James zu einem Gespräch über die fünf Secondary School-Absolventen und aktuelle Jugendliche, die psychologische Hilfe und Unterstützung benötigen. Wir haben tatsächlich einige Jugendliche, die aus der „Spur” laufen und wieder aufgefangen werden müssen. Wir sind froh über diese tolle Zusammenarbeit, Unterstützung und das Know how des JKR – Teams!
Danach haben wir Gelegenheit, unsere vier Absolventen zu treffen, die seit Anfang Januar 2023 ins JKR eingezogen. Brown, Mary, Christopher, Paul und Ruth (sie war bei unserem Besuch gerade unterwegs).
Alle fünf sind sehr aufgeschlossen, fokussiert und jeder bereitet sich auf eine Berufsausbildung vor.
Die Sozialarbeiter, der JKR sind sehr begeistert über alle fünf Neuzugänge, die sich sehr gut integriert haben! Wir sind superstolz, dass sie, trotz aller Widrigkeiten ihres Lebens, es bis hierhin geschafft haben, um eine Ausbildung zu machen!
Nur durch Ihre Unterstützung war das möglich!
14:30 Uhr. Unser letzter Besuch war im College Word of Faith, wo wir ein sehr informatives Gespräch mit drei Vertretern des Colleges hatten! Eine großartige Schule, die unterschiedliche Möglichkeiten bietet, eine praktische Ausbildung zu absolvieren, wenn ein Abschluss in der Secondary School, aufgrund von Überforderung, nicht möglich ist. Eine Schule, die auch für einige unserer Kinder eine gute Chance bieten würde.
https://www.wofcollege.ac.ke
Während fast aller Fahrten haben unsere beiden Sozialarbeiterinnen, wie bereits oben erwähnt, telefoniert. Ein Kind braucht neue Schulbücher und muss ins MMH kommen, ein anderes eine neue Schuluniform, Schuhe und Nahrungsmittel. Es ging auch um die Organisation eines Termins im Medical Center für einen älteren Schüler. Ein anderer hatte eine Lebensmittelvergiftung und musste dann weiter ins Krankenhaus gebracht werden, ein weiteres Kind hat eine Lungenentzündung und Tuberkulose und nimmt seine Medikamente nicht … Bei einer anderen Familie war die Mutter länger verschwunden und es musste gewährleistet werden, dass ihre Kinder versorgt sind usw.
Trotz aller Planungen kommen dann auch immer unvorhergesehene Situationen dazu, getreu dem Motto: Leben ist das, was passiert, während du planst.
Oder wie unser Fahrer Martin sagt: „This is Africa, Madam!“
Das Leben in Kenia ist besonders nach der Pandemie und dem Krieg in der Ukraine noch härter geworden und leider trifft es, wie immer, die Ärmsten am härtesten!
Ihre Patenschaften sind ein wichtiger Pfeiler für die Unterstützung unserer Arbeit für besonders bedürftige Kinder und Jugendliche – und wir sind Ihnen dafür sehr dankbar!
Darüber hinaus können Sie aktuelle Infos, wie gehabt, aus den Newslettern entnehmen:
Gerne stehen wir Ihnen für Fragen zur Verfügung und hoffen, dass Ihnen der Einblick gefallen hat!
Asante Sana und herzliche Grüße
Ihre
Claudia Ratzlaff und Joy Hinkel
1 comments
Dear Cargohumancare
When I read about Lydia, I would like to give her opportunities to have the best possible life. I personally don’t have the means to sponsor her with money, but those of you who probably feel the same way as I do may have more possibilities to help her. A talented girl who has a future in learning Braille, for example, to be able to follow along better in school work and have a dignified future.
I would like to be grateful if there is someone who wants to help her.
Warm greetings from Sweden