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Damit aus Waisenkindern Leute werden

Cargo Human Care baut seine Hilfe in Kenia aus. In der John Kaheni Residence sollen fortan junge Leute erwachsen und Berufswünsche erfüllt werden.

Einige dieser jungen Männer und Frauen werden im Februar in die John Kaheni Residence einziehen
Einige dieser jungen Männer und Frauen
werden im Februar in die John Kaheni
Residence einziehen

Die Gangster in Nairobi sollten sich in Zukunft in Acht nehmen. Bald könnten sie es mit Julius zu tun bekommen. Der 21 Jahre alte junge Mann hat ein Jahr Kriminalistik-Studium hinter sich. Nun wisse er, wie er Spuren sichert, wie er Täter verfolgen kann und in gefährlichen Situationen den Kopf behält, erzählt er.
Julius ist Waise, er kommt aus einer armen Gegend. Dass einer wie er bald Streife auf Kenias Straßen läuft, ist alles andere als normal. Dass er überhaupt die Chance auf ein behütetes Leben und auf Bildung bekommen hat, hat er auch den Helfern von Cargo Human Care zu verdanken und im Besonderen Kapitän Fokko Doyen.
Der heutige MD-11F Flottenchef von Lufthansa Cargo kam eher durch Zufall am Mothers’ Mercy Home außerhalb von Nairobi vorbei. Zehn Jahre ist das her, damals bestand das Waisenhaus nur aus Wellblechhütten. Seitdem ist ein kleines Kinderdorf daraus geworden, das Platz für 120 Kinder wie Julius bietet und eine Medizinstation hat, die jeden Tag mehr als 100 Patienten versorgen kann.
Doch mit dem Erfolg des Mercy Homes kam ein neues Problem. Als der erste Jahrgang die High School abschloss und damit auch das Waisenhaus verlassen musste, wurde den Helfern klar: „Unsere Kinder brauchen auch nach dem Abschluss noch viel Hilfe“, sagt Doyen. Das fängt mit der Wohnung an. Ein eigenes Zuhause können sich die jungen Leute nicht leisten, ihre Verwandten haben meistens keinen Platz für sie – sonst hätten sie ja nicht im Mothers’ Mercy Home leben müssen. So entstand die Idee des Jugendzentrums.

Julius Njogu ist Waise, er kommt aus einer armen Gegend. Dass er die Chance auf ein behütetes Leben und auf Bildung bekommen hat, verdankt er Cargo Human Care.
Julius Njogu ist Waise, er kommt aus einer armen Gegend. Dass er die Chance auf ein behütetes Leben und auf Bildung bekommen hat, verdankt er Cargo Human Care.

Es soll eine Art Notfall-Unterkunft werden für die Waisen mit Schulabschluss, aber noch viel mehr. Im Erdgeschoss finden sich großzügige Seminarräume. Dort sollen auch Kinder aus der Umgebung die Chance bekommen, Computer und Handwerksberufe kennenzulernen. Über allem steht die Hoffnung, den Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu helfen, ein eigenständiges Leben zu führen, den passenden Beruf zu finden und gute Entscheidungen für ihr Leben zu treffen.
Für das Leben auf eigenen Beinen
Für all das steht nun das neue Jugendhaus am Rande von Nairobi, vielleicht 30 Fahrminuten entfernt vom Waisenhaus. Mit einem großen Fest und vielen Freunden und Unterstützern hat Cargo Human Care im November die Eröffnung gefeiert. Im Februar sollen die ersten jungen Erwachsenen einziehen. Sie finden dort alles, was sie für ein Leben auf eigenen Beinen brauchen, sind aber nicht auf sich allein gestellt. Im Erdgeschoss ist zudem viel Platz für Seminare und Weiterbildung. Ein Schulungsprogramm ist schon in Planung.

Die John Kaheni Residence wird eröffnet. Johns Großmutter (l.) durfte die neuen Räume als erste betreten.
Die John Kaheni Residence wird eröffnet. Johns Großmutter (l.) durfte die neuen Räume als erste betreten.

Die Hilfe wäre in diesem Ausmaß undenkbar, wenn der Vorstand von Lufthansa Cargo den Verein nicht unterstützen würde. Die ehrenamtlichen Ärzte und Material kommen unentgeltlich mit den Frachtern nach Nairobi, wann immer das möglich ist. Das Engagement des Vereins passe in vielerlei Hinsicht zu Lufthansa Cargo, sagte Dr. Martin Schmitt, Finanz- und Personalvorstand von Lufthansa Cargo, zur Eröffnung des neuen Hauses: „Uns verbindet zum Beispiel, dass wir anpacken, statt nur zu reden.“ Unternehmen und Verein wollten Dinge zu Ende denken und zu Ende bringen. Auch diese Zielstrebigkeit sei beiden gemein. Als Zeichen der Verbundenheit ist am Tag nach der Eröffnungsfeier die sonderlackierte MD-11F „Charlie Hotel“ auf dem Kenyatta Airport gelandet. Viele kleine Fußabdrücke auf dem Rumpf symbolisieren den langen Weg, der vor den Kindern liegt. „Step by step“ gehen sie in ihr neues Leben.
Doch diese Aufgabe müssen sie nicht allein meistern. Kapitän Doyen und seine Mitstreiter haben eine Menge fähiger Leute gefunden, die einen großen Teil der Arbeit nahe Nairobi erledigen. Da ist Paula Karanja, die umtriebige, strenge aber ungemein liebenswerte Chefin des Mercy Home. Mary Wanjiku, die junge, smarte Sozialarbeiterin, die den Kindern Selbstbewusstsein beibringt und fortan das Jugendhaus leitet. Oder Bulli Ladu, ein Architekt, der in Augsburg studiert und nun das Jugendzentrum geplant hat, zusammen mit Joachim Pfeffer, einem Ingenieur, der schon lange in Nairobi arbeitet. Nicht zu vergessen
Bischof Timothy Ranji, der den deutschen Helfern das Grundstück geschenkt hat.

Sozialarbeiterin Mary Wanjiku bringt den Kindern Selbstbewusstsein bei und leitet fortan das Jugendhaus.
Sozialarbeiterin Mary Wanjiku bringt den
Kindern Selbstbewusstsein bei und leitet fortan das Jugendhaus.

Große Spendenbereitschaft
Einen guten Teil der Baukosten für das Jugendhaus haben die Leser der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beigesteuert. In ihrer Aktion „Leser helfen“ hatte die Zeitung im vergangenen Jahr vor Weihnachten um Spenden für den Bau des Jugendhauses gebeten. Zum zweiten Mal hat sie auf diese Weise Cargo Human Care unterstützt. Schon den Ausbau des Waisenhauses im Jahr 2008 hatten die Leser mit möglich gemacht.

Die gute Nachricht über die Spendenbereitschaft fiel zusammen mit einer unfassbaren Nachricht für alle Freunde von Cargo Human Care. John Kaheni, der Junge, der Fokko Doyen zu seinemEngagement inspiriert hatte, starb Ende letzten Jahres. Sein Herz versagte ihm den Dienst. Jenes Herz,das Ärzte vor zehn Jahren mit dem allerersten Spendengeld repariert hatten. Die Operation hat John noch einige glückliche Jahre geschenkt. Er hatte die High School abgeschlossen, er war gerade dabei, seinen Weg ins echte, eigenständige Leben zu finden.

Kapitän Fokko Doyen mit Jacob Njuguna und einem Bild seines verstorbenen Schützlings John Kaheni.
Kapitän Fokko Doyen mit Jacob Njuguna und einem Bild seines verstorbenen Schützlings John Kaheni.

Weil es Cargo Human Care im Allgemeinen und das neue Jugendzentrum im Speziellen ohne den Waisenjungen John nicht gäbe, trägt das neue Haus seinen Namen. In der John Kaheni Residence sollen fortan junge Leute erwachsen und Berufswünsche erfüllt werden. Johns Großmutter durfte die neuen Räume als erste betreten. Ein großes Foto des Jungen wird die Besucher daran erinnern, wer er war. Jeder, der das Glück hatte, den tapferen Jungen aus Nairobi kennenzulernen, wird ihn aber ohnehin nicht vergessen.
So wie er trotz seiner Herzkrankheit seinen Weg geplant hatte, sollen es nun seine jüngeren Freunde aus dem Mercy Home schaffen. Mary, die Sozialarbeiterin, ist guten Mutes, dass es immer besser gelingen wird. Es brauche eine gute Exit-Strategie, sagt sie. „Und die haben wir.“ Waisenjunge Julius scheint seinen Ausweg aus der Armut schon gefunden zu haben. Bald erhält er sein Diplom von der Universität Nairobi, im Januar bewirbt er sich um einen Posten bei der Polizei. Sein Leben soll das verbessern, das Leben der Verbrecher in Kenias Hauptstadt wird damit hoffentlich schwerer.

Quelle: Cargo Lufthanseat 06/2015

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