Besuch der Diozöse Marsabit im Norden Kenias
29.-30. November 2017
Gerhard und ich haben eine Fahrt nach Marsabit geplant, das im Norden Kenias liegt ca. 530 Km von Nairobi entfernt. Die Route geht von Nairobi über Thika, Nyeri und Nanyuki um den Mount Kenia herum nach Marsabit. Der erste Streckenabschnitt bis Nyeri ist dicht besiedelt. Anfangs überwiegen noch große Ananasplantagen, später gibt es kleinzellige Farmen mit intensiver Landwirtschaft, vorwiegend Gemüse- sowie Kaffee- und Tee-Anbau. Ab Nyeri ändert sich die Vegetation, es gibt größere Farmen mit Getreideanbau und Viehwirtschaft. Bis zum Mount Kenia, der meist in den Wolken liegt, steigt die Straße zunehmend bis auf 2500 Meter an, um nach Nanyuki bis auf 500 Meter abzufallen. Weiter nördlich ist die Strecke dünn besiedelt, die Vegetation wirkt merklich karger. Wir durchqueren Steppen- und Wüstenlandschaften. Zahlreiche Akazien säumen die gut ausgebaute Straße, die erst in diesem Jahr fertig gestellt wurde. Am Straßenrand steht eine einsame Giraffe, vereinzelt sieht man kleinere Kamelherden, die von den Rendille gezüchtet werden. Das Volk der Rendille ist ein Nomadenstamm, der vorwiegend im Marsabit County lebt und Viehzucht betreibt. Cargo Human Care hat einige Dörfer, die von einer schweren Dürreperiode betroffen waren, auch in diesem Jahr mit Nahrung unterstützt. Ziel der jetzigen Reise war der Besuch einer Schule, die von CHC mit nicht ausgegebenen Geldern aus der letzten Dürrekatastrophe und mit großzügiger Unterstützung der Kröner Stiftung 2012 gebaut und eingeweiht wurde und von der Anglikanischen Kirche betrieben wird.
Wir kommen kurz nach 16:00 nach siebenstündiger Fahrt in der Nähe des kleinen Dorfes Karare an, in dem die Schule „Wings Academy“ steht an. Der Bischof empfängt uns und berichtet, dass man schon seit 11. 00 Uhr auf uns gewartet hätte und Kinder, Eltern und die Lehrer eingeladen habe, um uns zu begrüßen. Die Kinder waren schon wieder nach Hause geschickt worden, weil sie hungrig waren und nicht mehr solange warten sollten. Wir hatten allerdings auch keinen festen Termin für unsere Ankunft ausgemacht. Die Schulgebäude und das -gelände sind in einem guten Zustand und machen einen gepflegten Eindruck. Zu den vier Klassenzimmern, die 2012 und 2013 fertigstellt wurden, sind inzwischen zwei weitere Klassenzimmer hinzugekommen, so das nun eine vierzügige Schule besteht. Wir wurden von dem ganzen Kollegium und den Schulelternbeirat begrüßt. In den Begrüßungsreden wurde auch auf die Auswirkungen der jetzigen Dürrekatastrophe hingewiesen und die Schwierigkeiten der Eltern, das Schulgeld von 400 KES pro Kind pro Monat zu bestreiten. Bei der jetzigen Dürrekatastrophe sind in der Region ca. 60 Prozent des Viehbestandes verendet, so dass einige Eltern keine Mittel zur Verfügung hatten, um das Schulgeld zu bezahlen.
In diesem Jahr soll noch ein weiterer Klassenraum fertigstellt werden, um ein Klassenraum für die Kinder der 5. Klasse zu schaffen. Ziel des Bischofs ist es, alle Klassenstufen bis zur achten Klasse in der Schule zu unterrichten, so dass eine vollwertige Primary School entsteht. Zurzeit besuchen 79 Kinder die Schule, wovon im Januar ca. 19 Kinder in die 5.Klasse wechseln. Es fehlen noch Geldmittel für drei weitere Klassenräume, die in den nächsten drei Jahren gebaut werden sollen. Sorgen bereitet der Kirche auch, Gelder für die laufenden Kosten des Schulbetriebs sicher zu stellen, da mit dem Schulgeld die Kosten nicht gedeckt werden können. Aufgrund der derzeitigen wirtschaftlichen Situation der Eltern ist eine Steigerung des Schulgeldes auch nicht möglich, weil der jetzige Viehbestand gerade ausreicht, um die Ernährung der Familien zu gewährleisten. Meistens können nur ein bis zwei Kinder pro Familie, vorwiegend Mädchen, zur Schule geschickt werden, die übrigen Kinder müssen bei der Viehzucht helfen und erlernen, die Techniken der Viehzucht, die ihnen das Überleben in der kargen Landschaft sichert. CHC wird für die Schule mit dem noch restlichen Geld von der Spendenaktion aus dem Jahre 2012 voraussichtlich ca. 40 % der laufenden Kosten des Schuletats für 2018 übernehmen. Der Bischof hofft, dass es mit Gottes Hilfe wieder genug Regen gibt, damit sich die wirtschaftliche Situation der Familien bessern wird und das Schulprojekt sich weiter günstig entwickeln kann. Wir waren sehr angetan, mit welchem Engagement die Eltern und die Anglikanische Kirche die kleine Schule unterstützen und die Bedeutung der Bildung der Kinder erkannt haben. In diesem Projekt ist die Saat, die 2012 durch den Bau der ersten Schulgebäude gesät wurde, trotz aller Schwierigkeiten gut aufgegangen.
Bei meinem letzten Besuch im März dieses Jahres haben Fokko und ich angeregt, auch die Erwachsenen zu unterrichten, weil nahezu alle Eltern der Schule nie eine Schule besucht haben und daher ihre Kinder nicht bei den Hausaufgaben unterstützen können. Patrick, der in diesen Dörfern als Sozialarbeiter ehrenamtlich arbeitet und auch ein sehr guter Dolmetscher ist, hat diese Aufgabe vernommen und unterrichtet zurzeit 30 Erwachsene.
Der Bischof ist auf der Suche nach anderen Einnahmequellen für die Viehzüchter. So sollen sie auch etwas Landwirtschaft betreiben. Patrick hat als erster auf seinem Grundstück ein kleines Maisfeld angelegt, auf dem schon die ersten Pflanzen sichtbar waren, die während der kurzen Regenzeit in den zurückliegenden Wochen gut gediehen waren. Falls es in den nächsten Wochen noch genügend Regen gibt, könnte das Projekt erfolgreich verlaufen. Allerdings erscheinen die klimatischen Bedingungen in Marsabit im Gegensatz zu den 200 km südlicher gelegenen Regionen nicht sehr günstig für eine erfolgreiche Landwirtschaft. Patrick hat auch begonnen, Hühner zu züchten und hofft, die Eier erfolgreich auf dem Markt in Marsabit verkaufen zu können.
Am Abend und am nächsten Tag haben Bischof Quampicha, Referent Jeremiah, Gerhard und ich die Situation der Dürrekatastrophe und des Schulprojektes unser Engagement ausführlich diskutiert. Anschließend haben wir das Health Center besucht, das auf dem Grundstück der Diözese liegt. Leider wird das Projekt nicht mehr von den Hauptsponsoren unterstützt, so dass die Gelder für die Ausstattung, Unterhalt, Personal und insbesondere Medikamente fehlen.
Mit sehr positiven Eindrücken fahren wir wieder zurück nach Nairobi.